Pressemitteilung “Die Zwischenbilanz fällt positiv aus” von Bürgermeister Clemens Maier

Mittwoch, 23. Oktober 2013, 09:10 Uhr

Die Zwischenbilanz fällt positiv aus

I.              Situation

Vor gut drei Monaten gab das Wissenschaftsministerium Baden-Württemberg das Eckpunktepapier zur Umstrukturierung der baden-württembergischen Musikhochschulen bekannt. Dieses sah bekanntlich vor, das Angebot der Musikhochschule Trossingen auf Alte Musik und Elementare Musikpädagogik zu beschränken und alle anderen Studienangebote zu streichen. Statt dessen sollte eine Musikakademie für die anderen Musikhochschulen eingerichtet werden.

Da dieses Vorhaben des Ministeriums einer Schließung der Musikhochschule auf Raten gleichgekommen wäre, erhob sich rasch lauter Widerspruch.
Dieser bewirkte, dass am 02. August Ministerin Bauer hierher nach Trossingen kam, um ihre Pläne vor Ort vorzustellen. Dabei konnte sie im Kesselhaus einen Eindruck von der Stimmungslage vor Ort gewinnen.
Aufgrund des anhaltenden Widerstandes zog Ministerpräsident Kretschmann die Notbremse, kündigte an, dass die vorgelegten Pläne nochmals überdacht werden müssten, und betonte, dass noch nichts entschieden sei.
In der Folge beschäftigte sich der Wissenschaftsausschuss des Landtags mit dem Thema Musikhochschulen.

Am 16. Oktober fand nun eine Anhörung durch die Regierungsfraktionen statt, an der zahlreiche Landtagsabgeordnete von Grünen und SPD teilnahmen. Im Rahmen dieser ganztägigen Veranstaltungen kamen alle fünf Musikhochschulen sowie die Oberbürgermeister und Bürgermeister der betroffenen Städte zu Wort, ebenso hatten die rund 200 Teilnehmer, darunter zahlreiche Vertreter aus Trossingen, Gelegenheit, ihre Vorstellungen und Wünsche für eine zukünftige Ausgestaltung der Musikhochschullandschaft im Land zu äußern.
Die Fraktionssprecher von Grünen und SPD, Edith Sitzmann und Claus Schmiedel, nannten die Eckpunkte, die eine Umstrukturierung erfüllen müsste:

  1. Erhalt aller fünf Standorte,
  2. Vorhaltung eines Standardangebotes an allen fünf Standorten wie von der Expertenkommission Musikhochschulen Bayern 2006 (Gutzeit-Gutachten) definiert, das zwangsläufig zu einer funktionsfähigen Mindestgröße der fünf Musikhochschulen führt,
  3. Berücksichtigung der regionalen Verankerung und der Bedeutung der Musikhochschulen für die ganze Region.

In der dabei offen geführten Diskussion zwischen den Hochschulrektoren und Standortvertretern wurde ausgehend von den Vorgaben der Landtagsfraktionen das Modell diskutiert, dass alle Hochschulen das gleiche Kernangebot vorhalten sollten, um darauf aufbauend eigene Profile und Spezialisierungen zu entwickeln.
Von verschiedensten Seiten wurde der Wunsch an die Hochschulrektoren herangetragen, dass sie wieder in eine konstruktive Gesprächsatmosphäre zurückfinden und  ein gemeinsam getragenes Konzept entwickeln sollten.
Auch wurde die Erwartung an das Ministerium geäußert, dass zunächst belastbare Zahlen über die jeweiligen Kosten der verschiedenen Studienplätze sowie zu der personellen Ausstattung der fünf Hochschulen offengelegt werden müssten.
Weiter müsse der Bedarf an Musikstudenten am Arbeitsmarkt besser ermittelt werden, bevor über einen Abbau von Studienplätzen im Land diskutiert werden könne.

In der Folge wird nun das Wissenschaftsministerium einen Anhörungsprozess einleiten, bei dem neben den fünf Musikhochschulen selbst die Studierenden und auch Experten und Vertreter der verschiedenen Interessengruppen wie Gymnasien, Laienmusik, Musikschulen, Kirchenmusik und andere beteiligt werden sollen.
Als Ergebnis soll ein Vorschlag stehen, wie die Musikhochschullandschaft im Baden-Württemberg umstrukturiert werden kann, sodass Einsparungen erzielt und gleichzeitig die hervorragende Qualität erhalten werden kann. Auch soll das Studium den gestiegenen Anforderungen in der Arbeitswelt angepasst und damit zukunftsfähig gemacht werden.
Dieser Diskussionsprozess wird wohl bis Mitte nächsten Jahres dauern.

 II.            Bewertung

Aus Sicht der Stadt Trossingen ist festzustellen, dass wir gegenüber der Situation vor drei Monaten große Fortschritte erreicht haben.
Eine breite Front aus Unterstützern aus Politik, Wirtschaft, Verbänden und Vereinen und unzählige Bürgerinnen und Bürger aus der ganzen Region haben sich in kürzester Zeit hinter unsere Musikhochschule gestellt und mit uns gekämpft. Dies hat Wirkung gezeigt.

Unsere Forderung, dass die geplante Umstrukturierung der Musikhochschullandschaft von so großer Bedeutung sei, dass sich auch die Abgeordneten und der Landtag damit beschäftigen müssten, und dass nicht nur das Ministerium alleine darüber entscheiden könne, hatte Erfolg. Als Folge unseres deutlichen Protestes hat sich der Landtag mit den geplanten Umstrukturierungen befasst. Aus den Beratungen des Wissenschaftsministeriums, der öffentlichen Debatte im Landtag und der Anhörung der Regierungsfraktionen ergaben sich richtungsweisende, positive Veränderungen gegenüber den ursprünglichen Plänen des Ministeriums.

Unsere Musikhochschule ist nach jetziger Einschätzung mittlerweile in ihrem Kernbestand wohl nicht mehr gefährdet. Die Zusage der Regierungsfraktionen, dass alle Standorte mit einer gewissen Grundausstattung erhalten werden sollen, war als verbindliche Vorgabe an das Wissenschaftsministerium für die weiteren Überlegungen zu verstehen. Das Eckpunktepapier des Ministeriums, das das Ende unserer Musikhochschule bedeutet hätte, ist wohl endgültig und weitestgehend vom Tisch.

Dass an jeder Hochschule ein Kernbestand an Angeboten vorgehalten werden soll, bedeutet, dass es in Trossingen weiterhin ein für Studierende attraktives Studienangebot geben wird. Nach den Empfehlungen der Gutzeit-Kommission für Bayern aus dem Jahr 2006, auf die sich die Regierungsfraktionen beziehen, beinhaltet dies notwendigerweise das traditionelle Studienangebot, insbesondere die Orchesterfächer (Violine, Viola, Violoncello, Kontrabass, Flöte, Oboe, Fagott, Klarinette, Saxophon, Horn, Trompete, Posaune, Tuba, Harfe und Schlagzeug), weiter Gesang, Klavier, Gitarre, Komposition und Dirigieren,  sowie die begleitenden wissenschaftlichen und musiktheoretischen Studienfächer. Diese Fächer müssen dabei sowohl mit dem Ziel eines künstlerischen wie eines künstlerisch-pädagogischen Abschlusses belegt werden können.
Welche genaue Größe mit wievielen Professorenstellen je Instrument und welches profilierte Studienangebot unsere Musikhochschule allerdings in der Zukunft haben wird, wird die weitere Diskussion ergeben.
Wir werden insbesondere darum kämpfen, dass das Studium der Schulmusik weiterhin in Trossingen angeboten wird, da diese Studierenden in besonderer Weise in die Stadt und die Region hinauswirken und die Laienmusik befruchten.

Der weitere Diskussionsprozess wird, so zumindest die Vorgabe der Regierungsfraktionen an das Ministerium, transparent ablaufen und auch die Interessen unserer Region berücksichtigen.
Möglichen Einsparvorgaben haben wir uns nie verschlossen, doch haben wir immer gefordert, dass diese gerecht und fair zwischen den Standorten verteilt werden müssen. Dem sind wir einen großen Schritt nähergekommen. Es ist zwar nicht auszuschließen, dass es zu gewissen Einschnitten bei der Zahl der Studierenden und im Studienangebot kommen wird, doch ist zum jetzigen Stand zu erwarten, dass solche Opfer dann nicht mehr nur von uns und der MHS Mannheim zu erbringen sind, sondern an allen Standorten in ähnlicher und ausgewogener Weise. Doch auch hierauf werden wir bei den weiteren Gesprächen und Überlegungen des Ministeriums genau achten.

vor allem aber wird viel davon abhängen, wie die fünf Musikhochschulen die weiteren Gespräche untereinander aufnehmen werden, und ob es ihnen gelingt, eine gemeinsame Linie für die Weiterentwicklung in die Zukunft und für alle verträgliche, sinnvolle Kompromisse zu finden. Davon wird in den nächsten Monaten vieles abhängen.

Wie bisher auch können aktuelle Informationen der Tagespresse und auch unserer Homepage www.rettet-die-musikhochschule entnommen werden.

Insgesamt dürfen wir dem weiteren Diskussionsprozess zwar aufmerksam, aber doch zuversichtlich entgegenblicken. Viele unserer Anliegen wurden bereit gehört und werden Eingang in die weiteren Beratungen finden. Diese werden wir nun abwarten müssen, bevor sich endgültiges sagen lässt.
Doch eines ist sicher: Wir haben in den letzten drei Monaten ein stabiles und schlagkräftiges Netzwerk an Unterstützern geschaffen. Diese breite Front unserer Unterstützer steht auch weiterhin geschlossen hinter unserer Musikhochschule und wird nötigenfalls lautstark für die Interessen unserer Musikhochschule eintreten. Denn das ist den verantwortlichen Landespolitikern in Stuttgart in den letzten Wochen und Monaten deutlich vor Augen geführt worden:
Die Sicherung der Existenz unserer Musikhochschule ist uns allen vor Ort ein bedeutendes Anliegen, und wir alle in Stadt und Region werden auch weiterhin mit aller Macht dafür kämpfen.

gez.
Dr. Clemens Maier
Bürgermeister

Veröffentlicht von Stadtverwaltung Trossingen
Kategorie: Allgemein

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